Frühsommer auf Fårö

Die Ostsee am Sudersandstrand auf Fårö in Blautönen

Jedes Jahr, kurz nachdem sich unsere Kinder mit schwedischen Sommerliedern und zahlreichen Sahnetorten in ihre zehnwöchigen Sommerferien verabschiedet haben, fahren wir für ein paar Tage gen Norden. Auf die raue, wilde und wunderschöne kleine Schwester von Gotland – nach Fårö. Lediglich eine Autofahrstunde von unserem Zuhause entfernt und nur durch einen schmalen Sund von Gotland getrennt ist die kleine karge Insel für die ganze Familie ein Sehnsuchtsort. Kaum von der kostenlosen knallgelben Autofähre heruntergerollt tauchen wir in eine Welt ein, die bekannt und exotisch zugleich ist: Kleine Steinmauern treffen hier auf graugelockte Gotlandschafe, ein weiter Sommerwolkenhimmel auf spektakuläre Raukenformationen und weiße Sandstrände auf mit Wildblumen übersäte Küstenwälder. Wie in einem Rausch fahren wir über die Insel und fühlen uns abwechselnd wie in der Provence, auf einer Hallig oder an der australischen Westküste. Eine wahrhaft unwiderstehliche Mischung!

Am allerschönsten finden wir es auf Fårö kurz vor Mittsommer: Die Natur ist üppig, die Strände sind leer, das Wasser ist kristallklar, die Warteschlange zur Autofähre ist kurz und die meisten Cafés und Restaurants haben schon geöffnet. Im Juli, dem Haupturlaubsmonat der Schweden, kann das schon anders aussehen. Mit etwas Pech wartet man zwei Stunden auf einen Fährplatz und stellt anschließend an den überfüllten Stränden fest, dass Quallen oder Algen einen Strich durch den Badespaß machen. Unabhängig von der Jahreszeit lege ich jedoch allen meinen Besuchern hier auf Gotland ans Herz, auch einen Abstecher auf die Nachbarinsel Fårö zu machen. Und teile diese Lieblingsplätze mit ihnen:

# 01 Sand satt in Sudersand

Wenn es nach meinen Kindern gehen würde, müssten wir das „Sudersand Resort“ während unseres gesamten Aufenthaltes nicht verlassen. Denn hier gibt es einfach alles, was Kinderherzen höherschlägen lässt: einen Spielplatz, einen Fußballplatz, eine Minigolfbahn, einen Pool mit Wasserrutsche, eine Mountainbike-Bahn und vor allem ganz viele andere Kinder. Für mich ist das absolute Highlight jedoch die drei Kilometer lange Strandbucht, die sich hinter einen kleinen Dünenmantel direkt an das Feriendorf schmiegt. Denn am Sudersand ist der Sand fast so weiß und so fein wir auf meiner Heimatinsel Amrum. Und so wird an diesem Strand auch ganz selbstverständlich jeder Ferientag mit einem „morgondopp“ (Morgenbad) und einem „kvällsdopp“ (Abendbad) eingerahmt. Ein weiteres Ritual ist der abendliche Besuch der Sudersannas Strandbar. Mit Sand zwischen den Zehen, einem kalten Getränk in der Hand, Reggaemusik in den Ohren sowie spielenden Kindern und dem Meer im Blick fühlt sich dieser Ort dem Paradies ganz nah an. Ich sitze, genieße und sauge diese hellen Strandabende um die Sommersonnenwende herum ganz bewusst auf. Denn in sechs Monaten, wenn sich zur Wintersonnenwende wieder die große Dunkelheit über die Insel legt, werde ich genau an diesen Moment denken. Und mich voller Vorfreude nach einem Sommertag am Sudersand sehnen.

# 02 Sonnenuntergangs- & Raukenspektakel

Es ist wie gesagt nicht leicht unsere Kinder aus ihrem Ferienparadies wegzulocken. An einigen Abenden, wenn der Sonnenuntergang besonders prächtig zu werden verspricht, gelingt es uns jedoch, sie mit Bananen und Marabou-Schokolade im Gepäck an die andere Seite der Insel zu entführen. Denn im Lautershammers Naturreservat bieten die mystischen Kalksteinformationen der Rauken eine spektakuläre Kulisse für Sonnenuntergänge. Entlang der gesamten Küstenstrecke des Naturreservates sind zudem traumhafte Grillplätze eingerichtet. Hier bereiten wir dann über dem Feuer unsere in Alufolie gepackten Schokobananen zu, betrachten anmutig das mächtige Farbwolkenspiel und fühlen uns wie auf einer abenteuerlichen Reise am anderen Ende der Welt. Wild, frei und ganz weit weg.

# 03 Crêpes & Rock ’n Roll

Kutens Bensin auf Fårö ist Kult und immer einen Besuch wert! Denn hier ist es bunt, schrill, kurios! Auf dem Gelände des alten Bauernhofes fühle ich mich direkt in die Fünfzigerjahre zurückversetzt und wäre nicht äußerlich verwundert, wenn Elvis Presley oder James Dean plötzlich um die Ecke schauen würden. Besitzer Thomas Lindholm hat hier zusammen mit seiner Tochter Valerie ein Mikrouniversum erschaffen, in dem die Crêperie Tati neben einem gemütlichen Café, einem französischen Restaurant und einem urigen Bed & Breakfast den Mittelpunkt bildet. Inmitten von blinkenden Leuchtschildern, alten Tanksäulen, mit Lavendel befüllten Öltonnen und glänzenden Chromteilen der auf dem Hof verteilten Autowracks, lasse ich mir entweder eine „Garbo“ oder eine „Marylin“ Galette schmecken, während meine Kinder sich genüsslich auf die süßen „Sympathy for the devil“ oder „Satisfaction“ Crêpe–Varianten stürzen. Jedes Mal verlassen wir höchstzufrieden, beschwingt und um unendliche Fotomotive reicher diesen besonderen Ort. Und kommen zu dem Schluss, dass französischer Dorfcharme zusammen mit Rock ’n Roll eine nahezu unschlagbar gute Kombination ist!

# 04 „The Beach“ auf Schwedisch

Wenn man sich durch verschlungene Waldpfade auf dem Weg zum Norsta Auren Strand im Nordosten der Insel macht, kann man sich durchaus wie in einem abenteuerlichen Surffilm auf der Suche nach der perfekten Welle fühlen. Das grüne Blätterdach, die mystischen Heide- und Sandflächen sowie das ständige Rauschen des Meeres bieten eine hervorragende Kulisse für etwaige Aussteigerfantasien. Um das Abenteuer jedoch überschaubar zu halten und die Rückkehr in das geliebte „Sudersand Resort“ sicherzustellen, kennzeichnen unsere Kinder vorsorglich den Rückweg mit Pfeilen aus Ästen. In der abgeschiedenen Bucht angekommen spüren wir dann ein Hauch von Geheimnis. Schließlich war das Gebiet wie der Rest der Insel noch bis in die Neunzigerjahre hinein militärisches Sperrgebiet und das Betreten ausländischen Staatsbürgern strengstens verboten. Manchmal treffen wir in den Dünen und am Strand einige Nacktbader oder Surfer. Oft sind wir jedoch auch ganz und gar allein. Und geben uns vollkommen unseren Hippie-Träumen und dem entspannten Zauber von Norsta Auren hin.

# 05 „Fika“ auf Fårö

„Fika“, das heißt eine kleine Kaffeepause, ist eine der besten schwedischen Traditionen und darf bei einem Besuch auf Fårö selbstverständlicherweise nicht fehlen. Besonders gut geeignet für diese willkommene kleine Unterbrechung des Urlauballtags ist die Bäckerei „Sylvies Döttrar“. Schon beim Betreten verführt ein feiner Butterduft die Nase und lässt den Glückshormonspiegel ansteigen. Klassische schwedische Gebäckstücke füllen hier neben saftigen Zimtwecken und köstlichen Beerenaufläufen die Auslagen. Besonders die großzügig befüllten „Vaniljbullar“ haben es uns angetan und lassen uns Jahr um Jahr wiederkommen. Und so macht es auch gar nichts, dass diese kleine Familienbäckerei die einzige auf der Insel ist – denn bei so einem Juwel braucht man wahrlich keine größere Auswahl!

Ich könnte noch so viel mehr erzählen. Vom exzentrischen Regisseur Ingmar Bergman, der pittoresken Inselkirche oder den wunderhübschen Islandpferden. Aber das kommt vielleicht noch. Denn spätestens nächstes Jahr im Frühsommer, kurz nach Beginn der schwedischen Sommerferien, werden wir wieder nach Fårö fahren. Und ich freue mich jetzt schon darauf.

25 Kommentare zu „Frühsommer auf Fårö

  1. Danke fürs Teilen. Wir sind teilweise in Schweden aufgewachsen und hatten lange eine Stuga auf Gotland und eine auf Öland. Diese Bilder erinnern uns an schöne Zeiten dort. Jetzt leben wir in einem englischen Naturschutzgebiet am Meer, wo es ähnlich aussieht.
    Mit herzlichen Grüßen vom sonnigen Meer
    The Fab Four of Cley
    🙂 🙂 🙂 🙂

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    1. Herzlichen Dank für Deine Nachricht. Ich glaube, dass alle, die hier einmal einen schwedischen Inselsommer erleben durften, gerne daran zurückdenken. Es ist etwas ganz besonderes! Liebe Grüße vom Meer ans Meer! //Malin

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  2. Oh, wie schön, diese Farben und diese Weite – für ein Moment war ich Australien, obwohl ich dort noch nie war. Vielleicht kann ich den ‚Braunen Bär‘ mal für Fårö begeistern. Danke für die tolle Reise-Geschichte, liebe Malin.

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    1. Oh ja, vielleicht kannst du ihn begeistern. Fårö ist magisch! Mit der neuen Fährverbindung von Rostock nach Visby kommt man jetzt auch viel unkomplizierter zu uns auf die Insel! Liebe Grüße, Malin

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      1. Liebe Malin, ich habe Dirk alias Brauner Bär mal angefixt. Vielleicht geht es kommendes Jahr nach Faro. Kannst Du uns eine Gegend empfehlen, von wo aus wir alles gut erreichen können oder die Du gerne magst? Liebe Grüße, Susanne

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      2. Ach, wie wunderbar Susanne!!! Ich würde mich sehr für Euch freuen, wenn ihr im nächsten Jahr auch einmal die Magie von Fårö erleben dürft. Da die Insel nicht besonders groß ist und es überall wunderschön ist, spielt es eigentlich keine so große Rolle, wo man sich eine Unterkunft sucht. Solange man ein Auto hat, kann man jeden Tag tolle Ausflüge machen und verschiedene Ecken der Insel erkunden. Wie wohnt ihr denn am liebsten? Ferienhaus, Ferienwohnung, Jugendherberge, Bed & Breakfast, Camping, …? Das Sudersand Resort, das ich vorgestellt habe, ist vielleicht eher auf Kinderfamilien ausgelegt. Aber andere Tipps sind beispielsweise:

        – Stora Gåsemora gård (http://www.gasemora.se/boende/ )

        – Lansa gård (http://www.lansagard.se/ )

        – Slow train Bed & Breakfast (https://www.tripadvisor.de/Hotel_Review-g1026471-d1520273-Reviews-Slow_Train_Bed_and_Breakfast-Faro_Gotland.html )

        Und dann kann man natürlich auch über ein Portal wie airbnb Unterkünfte finden. https://www.airbnb.de/ .

        Für die Anreise kann ich wie gesagt die Fährlinie von Rostock nach Visby empfehlen (https://hansadestinations.com/de/). Oder man fährt über den Landweg nach Oskarshamn in Schweden und nimmt von dort die Fähre (https://www.destinationgotland.se/de).

        Vielleicht habt ihr ja auch noch Zeit ein paar Nächte in Visby einzuplanen? Die Stadt ist wunderschön und auf jeden Fall einen Besuch wert.

        Wenn ihr noch weitere Fragen habt, dann kannst du dich sehr gerne bei mir melden. Ich wünsche viel Vergnügen beim Planen und Träumen!

        Herzliche Inselgrüße, Malin

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  3. Einfaches Leben in vielfältiger Landschaft, richtig? Toll! Nur ein Bäckerladen, das erinnert mich an meine Kindheitssommer an einem See bei Berlin. Im Ort, zu dem man etwa eine halbe Stunde lang durch den Wald wanderte, gab es auch nur einen Bäcker. Dort holten wir Streuselkuchen, Nussecken oder Spritzkuchen und die wurden auf dem Heimweg vernascht. Ich meine auch noch den Duft zu erinnern, als wir ihn betraten.

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    1. Eine begrenzte Auswahl erleichtert das Leben ungemein… 😉! Ich kann mich auch noch zu gut an den Bäckereiduft aus meiner Kindheit erinnern – schon lustig, wie stark Gerüche und Erinnerungen miteinander verknüpft sind! Liebe Grüße vom Norden in den Süden! //Malin

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      1. Wie schön, das freut mich! In Schweden wird der Beginn der Sommerferien in den Schulen und Kindergärten traditionell mit einem großen Fest gefeiert, zu denen die Familie und Freunde eingeladen werden. Kinder und Erwachsene ziehen hübsche Sommerkleidung an, die Lehrer bekommen von ihren Schülern Blumen und kleine Geschenke, es werden schwedische Sommerlieder vorgetragen und dann gibt es, zumindestens an unserer Schule, ein riesiges Tortenbuffet. Jede Familie nimmt eine Torte mit – ein richtiger Schmaus! Denn Schweden lieben Sahnetorten und finden viele Anlässe, sie zu servieren 😉. Auf jeden Fall eine sehr schöne Alternative zur Zeugnisausgabe in Deutschland! Liebe Grüße von der Insel!

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  4. Fårö hört sich fantastisch an! Zusammen mit deinen tollen Fotos kommt man gleich in Reiselaune.
    Wir haben mal 4 Jahre in Skåne gewohnt, in einem Dorf in der Nähe von Lund. Wir haben viele Ausflüge gemacht, allerdings nicht nach Gotland, „nur“ nach Öland, was aber auch sehr schön war. Auf dem Weg haben wir dann noch Kristianopel entdeckt, der kleine Ort mit dem grossen Namen. Schweden hat sehr viel Schönheit zu bieten, auch ganz oben im Norden.

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  5. Herzlichen Dank für Deinen Kommentar! Auf Öland war ich tatsächlich noch nicht, das werde ich aber nachholen. Kristianopel mag ich auch, ist ja schon alleine mit seiner schwedisch-dänischen Geschichte ein sehr interessanter Ort. Ja, und Gotland mit Visby und Fårö mit der nordischen Kargheit haben mich vollkommen verzaubert. Freue mich jeden Tag, hier zu wohnen! Liebe Grüße nach Dänemark!

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  6. Herrlich! Eine wunderbare Insel, die auf jeden Fall einen Besuch wert zu sein scheint. Ich hatte schon zwei Mal die Freude und das große Vergnügen, auf Gotland wunderbare Tage zu verbringen, dabei durch das historische Visby zu flanieren, die herrliche Insellandschaft kennen zu lernen und das super leckere Essen zu genießen. Fårö war jedoch irgendwie noch nicht in meinen Plänen vorhanden.
    Aber das wird sich jetzt ändern!
    Danke für den Tipp!
    SonnigeSonntagsgrüße aus dem Bergischen Land….von Rosie 🌸🌸

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